In vielen Gesprächen ist mir immer wieder aufgefallen, dass Führung für viele Chefs etwas weit entlegenes ist, etwas, das nur speziell ausgebildete Menschen in höchst komplexen Projekten und hohen Positionen anwenden. Führung hat einen Nimbus unglaublicher Wichtigkeit, dabei ist Führung nichts anderes als das konsequente verfolgen eines Lebens- und Unternehmenszieles. Wer selbstständig ist und Mitarbeiter hat führt automatisch, ob bewusst oder unbewusst. Chefs müssen kommunizieren, sie wollen ja, dass ihre Mitarbeiter eine Aufgabe zum Wohle des Unternehmens durchführen und diese erfolgreich umsetzen. Es gibt einen Sender, es gibt einen Empfänger, es gibt ein Thema und es gibt die Übermittlung der Information. Über die ersten drei Punkte brauche ich keine Worte verlieren, die Kommunikation ist der ausschlaggebende Punkt. Geführt wird mit Kommunikation, durch Kommunikation. Wir wissen, dass nicht kommunizieren nicht geht. Kommuniziert wird auch ohne Worte und das teils sehr viel intensiver, weil viel interpretiert, aber nichts klar ausgesprochen wird. Schweigen ist in diesem Fall Blei.
Ich gehe mit der folgenden Geschichte ein paar Jahre zurück in meine berufliche Anfangszeit. Nach meiner Meisterprüfung begannen meine Wanderjahre. Ich war alleine mit meiner Schere und meinem Kamm und mächtig vielen Ideen im Kopf. Ich wusste, dass ich etwas drauf hatte, aber ich wusste nicht bis wohin meine Befähigung reichen würde. Also habe ich meine Grenzen gesucht. Dazu brauchte ich keine Unternehmensphilosophie mit Werten und Zielen, ich war mir selber genug. Das änderte sich als ich mich mit meinem ersten Salon selbstständig machte und Mitarbeiter eingestellt habe. Die haben meist nicht das gemacht was ich wollte, weil ich davon ausgegangen bin, die wüssten schon was sie zu tun haben. Das war ein Fehler! Ich konnte es meinen Leuten aber nicht sagen, weil ich es selber nicht wusste. Ich war zwar der Busfahrer, aber ich hatte keinen Plan wohin ich fuhr.
Also strickte ich mir eine Unternehmensphilosophie, definierte meine Werte und steckte meine Ziele. Alles toll sagten meine Mitarbeiter, das hört sich gut an. Also: zweiter Versuch. Rein in den Bus, hinters Lenkrad geklemmt, Gang eingelegt, Gas gegeben und ab dafür. Nach einigen Kilometern habe ich mich umgedreht und sah – niemanden. Ich war mal wieder zu schnell abgefahren und habe meine Mitarbeiter an der Bushaltestelle stehen lassen. Was war jetzt passiert? Ich habe nicht gut genug kommuniziert, habe nicht begriffen, dass Philosophie und Ziele auch vermittelt werden müssen. “Das nennt man Führung”, sagte mein damaliger Mentor, dem ich mein Dilemma schilderte.
Wenn ich der Busfahrer bin muss ich wissen, wohin die Fuhre steuert. Damit meine Mitarbeiter in den Bus einsteigen, muss ich mir nicht nur überlegen, was für mein Unternehmen gut ist. Ich muss auch darüber nachdenken, was für meine Mitarbeiter drin ist wenn sie mir folgen. Seit vielen Jahren trainiere ich dieses Verhalten und wahrscheinlich werde ich bis an mein Lebensende immer noch Fehler in meinem Verhalten finden. Aber unser Unternehmen ist erfolgreich, es wächst und ich bin mittlerweile ziemlich gut darin, meine Ziele konsequent zu verfolgen. Nicht jedem gefällt mein Bus und meine Stationen, aber jedem Mitarbeiter steht es frei auszusteigen wenn ihm die Route nicht gefällt. So lange ich meine Benchmark einhalte, 70 Prozent meines Teams von einem ins nächste Jahr zu tragen bin ich zufrieden und habe gut geführt.
Im Grunde genommen ist Führung nichts weiter als das reflektieren darüber, was meine Mitarbeitern gut tut und meinem Unternehmen gleichzeitig nützt.