Lockdown 2.0 - Ein Land am Scheidewg zwischen Lockdown und Erholung
Lockdown 2.0 Deutschland

Lockdown 2.0 im November

Ab Montag, 2.11.2020, geht es in den Lockdown 2.0. Ich habe ihn nicht vermisst. Ich wundere mich sehr, dass er jetzt so plötzlich wieder auf den Plan gekommen ist. Wir schießen, wie im Frühjahr, wieder mit denselben Waffen auf denselben Feind. Der ist davon nicht beeindruckt, aber wir haben einen weiteren Schritt hin zur Vermögensvernichtung gemacht. Und einen weiteren hin zur Isolation der Menschen.

Sozialer Unfrieden

Wie viele Selbsttötungen und Insolvenzen werden wir zu beklagen haben? Wie viele zerstörte Familien, vereinsamte Alte, abgehängte Schüler, nicht ausgebildete Jugendliche? Und wieviel Frust müssen wir Bürger ertragen, weil fast alles verboten ist, was Spaß macht? Viele stellen sich deshalb die Frage: Ist der Lockdown 2.0 wirklich notwendig?

Am Montag, 2.11.2020 beginnt der Lockdown 2.0, und nach vier Wochen, am Montag, 30. November 2020 machen wir (vielleicht) wieder auf. Wir bereiten uns dann drei Wochen lang auf die virenschleudernden, weihnachtlichen Familienfeste und in der vierten Woche auf den Jahrerswechsel vor. Im Januar 21 fahren wir dann Ski, damit im Februar 21 die Zahlen wieder richtig ansteigen können, und im März 21 machen wir wieder dicht. Ich frage mich, wer am Ende übrig bleibt, um die vollmundigen wirtschaftlichen Prognosen der Herren Altmaier und Scholz zu erarbeiten?

Grippeimpfung
Arzt verabreicht Grippeimpfung

Hilft die Impfung?

Auf die Impfung können wir nicht hoffen, die wird uns nicht so schnell retten. Vor der Impfung steht ja erst einmal der Verteilungskampf. Wer als Erster am Markt ist, bekommt das Impf-Vorrecht. Die anderen warten erstmal. Die frühe Verfügbarkeit des Impfstoffs wird so auch zum Wettbewerbsvorteil der Staaten.

Damit stellt sich auch gleich die Frage nach der Kapazität der Impfdosen. Wie schnell kann der Stoff in großer Menge produziert werden? Müssen wir ein-, zwei- oder gar dreimal geimpft werden? Alleine in der EU leben rund 750.000.000 Menschen. Wenn zweimal geimpft werden muss, sind das alleine für die EU 1.500.000.000 Impfdosen. Mittlerweile leben auf der Erde aber 7,7 Milliarden Menschen, die alle geimpft werden müssen. Es wird Jahre dauern, bis das geschafft ist. Wenn es denn überhaupt gelingt.

Verzweiflungsentscheidung

Der November-Lockdown 2.0 ist eine Verzweiflungsentscheidung. Es ist verständlich, dass die Kapazitäten des Gesundheitssystems nicht überfordert werden dürfen. Aber wenn wir Menschen wegsperren, damit sie nicht erkranken, bleiben sie vielleicht körperlich gesund, sind aber psychisch am Ende.

Die Virologen und die Politiker mögen am Ende zufrieden sein, dass eine Eindämmung erreicht wird. Dann müssen die Psychologen und Psychiater übernehmen, um die Menschen wieder aufzurichten, damit sie in der Lage sind, den wirtschaftlichen Aufschwung mitzugestalten.

Eine Frage der Duldsamkeit

Ob die Menschen der Politik bei diesem Spiel mehrmals folgen werden, glaube ich nicht. Die Deutschen sind zwar brav und demonstrieren nicht so gerne, aber wenn der soziale und wirtschaftliche Druck zu groß wird, kann die Politik nicht mehr mit der Duldsamkeit der Menschen rechnen. Wenn die Duldsamkeitsgrenze überschritten und die Glaubwürdigkeit der Politik erschüttert ist, helfen auch keine Gießkannen voller Geld mehr.

Traurige Seniorin
Traurige Seniorin schaut aus dem Fenster

Angst vor Isolation und Fremdbestimmung

Heute hat mir eine Kundin erzählt, dass die 90-jährige Bewohnerin eines Altenheims in die Psychiatrie eigeliefert wurde, weil sie aus dem Fenster steigen wollte. Sie konnte die Kontaktbeschränkung nicht mehr aushalten, sie wollte raus. Sie wurde aus der Psychiatrie entlassen, weil man ihr vollständige geistige Gesundheit attestierte. Ihr war lediglich angst vor lähmender Einsamkeit.

Viele meiner alten Kunden, die vor dem ersten Lockdown schon etwas tütelig und vergesslich waren, habe ich seit dem Lockup nicht mehr gesehen. Die Isolation hat diesen alten Menschen vollends den Rest gegeben. Ist ein solchermaßen geschütztes Leben überhaupt noch lebenswert? Diese Frage muss erlaubt sein. Ich will mir das für mich nicht vorstellen, denn im Grunde genommen kommt es einer Entmündigung und Fremdbestimmung gleich. Was andere für mich als gut und richtig empfinden, muss mir nicht automatisch gut tun.

Steigende Arbeitslosigkeit

Durch den Lockdown werden viele Menschen arbeitslos. Der Volkswirtschaftsprofessor Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung prognostiziert im November zusätzliche 100.000 Arbeitslose (StZ, 30.10.2020, Seite 9). Zwar sind die bisherigen, rückläufigen Zahlen bis Mitte Oktober vom Abbau der Arbeitslosigkeit geprägt, aber durch den Lockdown 2.0 werden sie wieder stärker steigen.

Der Südwesten ist im Vergleich zum Bundesgebiet überproportional vom Einbruch der Wirtschaftsleistung betroffen. Rund 14 Prozent Rückgang zeigen die Abhängigkeit von der Autoindustrie und dem Maschinenbau. Steigende Arbeitslosigkeit und wieder vermehrte Kurzarbeit dürfte sich auch auf unsere Geschäfte negativ auswirken.

Wie kommen wir weiter?

Das weitere Vorgehen muss parlamentarisch diskutiert werden. Das RKI und die angestammten beratenden Virologen sind sicher nicht die einzigen kompetenten Köpfe in Deutschland. Für jedes Problem gibt es einen zweiten Weg, man muss ihn eben finden wollen. Die Abgeordneten sind dazu da, solche Menschen zu suchen und ihnen die Chance zu bieten, ihre Argumente vorzutragen.

Ich bin keiner dieser Menschen und ich kenne auch keinen. Ich weiß aber aus Erfahrung, dass mehrere Meinungen zu mehr möglichen Lösungsansätzen führen. Jeder kreative Prozess erschöpft sich, wenn immer dieselben Spieler dasselbe Problem analysieren.

Nichts gelernt

Wir sehen ja, in sechs Monaten haben wir nichts dazu gelernt. Gleiche Maßnahmen für das gleiche Problem. Das ist sehr bedauerlich, weil der Lockdown 2.0 in ein Szenario führt, das Unternehmer und Arbeitnehmer den Glauben in die Leitung des Landes verlieren lässt. Da können uns die Krisenpolitiker in ihren gebetsmühlenartig wiederholten, schön gesetzten Worten erzählen, was sie wollen.

Lachender Mann im Anzug
Lachender Mann im Anzug springt vor Freude in die Luft

Motivation tut Not

Wir brauchen motivierende Zukunftsaussichten, denn wir müssen den Karren ja wieder aus dem Dreck ziehen. Für uns Kleinunternehmer muss sich die Politik stark machen. Wir fahren alle auf Sicht, und es mag am Ende sein wie es eben kommt. Aber auf dem Weg dorthin brauchen wir Signale aus der Führungsriege, die außer Lockdown, Drohung und Einschränkung noch andere Ziele kennt.

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