Ich habe mich schon während des Wahlkampfes 2021 gewundert, dass das Thema Leistung für keine Partei eine große Rolle gespielt hat. Wir waren von Corona gebeutelt, der Staat hat den Säckel weit aufgemacht und Geld verteilt. Schade nur, dass wir Friseure davon im ersten Lockdown nichts abbekommen haben. Darüber bin ich heute noch stinkig, aber sei’s drum, das ist durch. Es ging um Verteilung von Geld, um Rettung von Unternehmen, ob sinnlos oder sinnvoll wurde nicht detailliert hinterfragt.
Was mich vor diesem Hintergrund nachhaltig beschäftigt, ist die Frage nach der Leistungsbereitschaft der Menschen in Deutschland. Vor dem Hintergrund der Einfach- und Doppelwumse mit Unmengen verknüpftem Geld sollte uns das ein paar Überlegungen wert sein. Viele stellen sich die Frage, wer je die Schulden zurückzahlen soll. Anderen ist der momentane Wumms noch nicht genug. Die Wirtschaft steht vor einer Rezession, trotzdem verteilt die Regierung Geld, als gäbe es kein Morgen. Trotz des Geldregens wenden sich die Menschen immer mehr von der Politik und vm demokratischen System ab. Mehr vom immer gleichen funktioniert offensichtlich nicht mehr.
Als Handwerker machen wir eine Ausbildung, die Gesellenprüfung und die Meisterprüfung. Studenten schreiben Prüfungen, machen Bachelor, Master und promovieren. Handwerker und Akademiker lernen ihr Metier, damit sie drin Höchstleistung erreichen können. In der Politik sieht das ganz anders aus. Jede und jeder kann sich aufstellen lassen, kann gewählt werden und sitzt dann an den Stellhebeln des Landes. Ich habe Sorge, dass das nicht immer die Besten sind, und ob sie verstehen, was die Leistungsträger in Deutschland umtreibt.
Seit Jahresbeginn 2022 stehe ich, wie viele andere auch, unternehmerisch unter Druck. Der Ukraine-Krieg mit den damit verbundenen Folgekosten hat diesen Zustand noch einmal verstärkt. Die Mitarbeiter brauchen Kunden, das Unternehmen Nachwuchs und Fachkräfte, bei den Kunden wird das Geld knapp. Wir stehen in einem organisatorischen und konzeptionellen Transformationsprozess. Jeden Tag gilt es, Entscheidungen unter unsicheren Bedingungen zu treffen. Jede heute getroffene Entscheidung kann morgen falsch sein, immer abhängig davon, wie sich die wirtschaftliche und politische Lage verändert.
Als Unternehmer muss ich Leistung bringen, um Kunden anzuziehen und zu halten. Das muss ich mit Fachkräften schaffen, die schwer zu bekommen sind. Deshalb bilden wir seit Jahrzehnten ohne Unterbrechung aus. Aber auch das wird schwieriger, weil wir seit Jahren einen Rückgang an ausbildungswilligen jungen Menschen um rund 63 Prozent haben. Der Mangel an Fachkräften ist damit erklärt. Kurzarbeit und Einschränkung der Öffnungszeiten sind keine Tabus mehr. Ich beachte dabei aber nicht nur mögliche Einsparungen, sondern habe auch die zukünftige Entwicklung des Betriebs im Auge.
Vorsicht: Der kurzfristige Spareffekt ist oft kontraproduktiv gegen die langfristigen Entwicklung. Die Gefahr eines schweren unternehmerischen Fehlers ist groß. Die damit zusammenhängenden Entscheidungen muss ich ständig neu bewerten. Das ist anstrengend, deshalb stellt sich regelmäßig die Sinnfrage, ob ich die notwendige Energie dafür noch Tag für Tag zur Verfügung stellen kann und will. Ich bin gerne Unternehmer, und Arbeit macht mir Spaß. Eher blühe ich auf, wenn ich ein sinnvolles Projekt entwickeln kann. Aber der Energieaufwand für von Monat zu Monat extremer. Zunehmend steht auch der Gesundheitsaspekt immer stärker im Fokus.
Leistung ist ein Wort, das ich in Deutschland vermisse. Es geht weniger um eine Transformation für eine prosperierende Zukunft, als um die Sicherung des erreichten Wohlstandes unter allen Umständen. Wohlstand ist, so habe ich den Eindruck, das Geburtsrecht der Deutschen. Dass der Wohlstand nicht von der Politik kommt, sondern von der Leistung jedes Einzelnen wird ausgeblendet. Die Menschen sind satt geworden. Es liegt eine bleierne Schwere über dem Land. Haben die Deutschen den Glauben an ihre Zukunft verloren? Flucht nach rechts? Das ist eine Entscheidung wider die Freiheit.
Ich freue mich jedenfalls darüber, gesund zu sein, dass meine Gedanken fließen, und dass ich trotz allen derzeitigen Beschwernissen den Glauben an eine lebenswerte Zukunft nicht verloren habe. Bleiben wir also gemeinsam motiviert, die Aussichten für unser Land und unsere Profession gut zu gestalten. Es lohnt sich auf jeden Fall!
Schreibt mir gerne in den Kommentar über eure Motivation und die Maßnahmen, die ihr in eurem Unternehmen umsetzt, um für die Zukunft gerüstet zu sein.