Disruption im Friseurhandwerk muss von außen kommen - Peter Gress
Disruption

Disruption im Friseurhandwerk muss von außen kommen

Seit zwei Jahren reden wir noch intensiver als sonst über Veränderungen in der Friseurbranche. Jetzt muss doch endlich mal etwas grundlegendes passieren! Corona hat uns doch gezeigt, dass es so nicht wieder geht! Tut es aber, es geht genauso weiter, wie es aufgehört hat. Nur eben mit einer riesigen finanziellen Delle. Wir schneiden und färben und stylen genau wie vorher. Der Wunsch nach Veränderung ist zwar immer noch da, aber das Getöse legt sich schon wieder.

Resilienz

In Newslettern, Büchern, Whitepapers, Aufsätzen und Essays zum Thema Veränderung hat sich die Resilienz als gemeinsamer Nenner etabliert. Gut zu wissen, aber was fangen wir mit dieser Erkenntnis an? Die Klarheit unserer Verletzlichkeit  ist uns brutal bewusst geworden. Trotzdem stochern wir im Nebel. Die Zukunft wird beeinflusst vom Ukrainekrieg und Corona, von der Inflation, den Zinsen, den gestörten Warenflüssen, vom Klimawandel, politischen Strömungen.

Planung in Unsicherheit

Wir sind  unternehmerisch vorsichtig geworden, weil der Plan von heute schon morgen wieder im Papierkorb landen kann. Und weil wir finanziell angeschlagen sind. Fehler, die Geld kosten, sollten wir definitiv vermeiden. Wir fahren auf Sicht und leben mit der Unsicherheit. Das mögen wir nicht, denn Planung unter unsicheren Umständen ist Stress für Chefs und Mitarbeiter.

Widerstandskraft ermöglichen

Resilienz zu entwickeln ist schwer bei all den zu erwartenden Veränderungen und Unsicherheiten. Es geht ja immer um Menschen und ihre Befindlichkeiten. Nicht die Unternehmen werden resilient, es sind die Menschen darin, die Widerstandskraft entwickeln müssen. Steht die Entwicklung von Menschen in den Unternehmen im Zentrum, kann das erfolgreich sein. Macht die Wirtschaft weiter wie bisher stehen die Zeichen dafür schlecht.

Unternehmen gestalten

Unternehmen sind, wie jede  Zusammenführung von Menschen, ein lebendiger und sich andauernd verändernder Organismus. Menschen machen ein Team aus, das wiederum das  Unternehmen ausmacht. Das Unternehmen ist nicht von außen irgendwie  geworden. Es wird von den Menschen gemacht, die darin arbeiten, und von den Einflüssen derjenigen, mit denen jeder Einzelne verbunden ist. Homogen handelt das Unternehmen nur insofern, weil sich die individuellen Charaktere  einem Ziel verschreiben, das sie durch ihre Tätigkeit mit Sinn füllen wollen.

Verbindungen

Alle Unternehmen und deren Beschäftigten sind über Netzwerke physischer und metaphysischer Art miteinander verbunden. Das perfekte Zusammenspiel beider Ebenen kommt nicht automatisch. Es ist die Aufgabe von Inhabern und Führungskräften, das aufzubauen und zu steuern. Diese Aufgabe kann nicht delegieret werden.

Lebenswerte Zukunft

Corona hat uns heftig eingebremst. Die Krise zeigt uns auf, was falsch gelaufen ist. Sie zeigt uns aber auch auf was wir ändern könnten, um uns eine lebenswerte Zukunft zu garantieren. Meine Frage ist, ob wir unsere Branche von innen heraus verändern können? Daran glaube ich nicht mehr. Menschen sind zwar lernfähig und sie passen sich an veränderte Situationen an.

Lebensstil als Geburtsrecht

Aber sie brauchen auch die entsprechenden Impulse und Ansätze, die die Branche derzeit nicht bieten kann. Mir persönlich machen Veränderungen keine Angst, anderen dafür umso mehr. Wie wir weiterleben und arbeiten wollen haben wir selber im Griff, und darüber mache ich mir sehr viel mehr Gedanken.
Wir haben uns an unseren Lebensstil gewöhnt, ja, wir sehen es geradezu als  Geburtsrecht an, das Leben nach unseren ganz persönlich Maßstäben führen zu können. Da machen wir freiwillig keine Kompromisse.

Dunkle Schatten

Aber dann kommt die Realität mit dem Ukraine-Krieg knüppelhart aufs Programm. Plötzlich ist allen klar, dass das Geburtsrecht auf  einen individuellen Lebensstil nur eine Luftblase ist. Eine vorübergehende Erscheinung, die durch die Drohungen mit einem Dritten Weltkrieg und einem Atomschlag auf einen Satz eliminiert wurde. Und ein gewaltsamer Tod ist für uns plötzlich greifbar geworden.

Externer Blick

Ich bin überzeugt davon, dass wir einen externen Blick auf unsere Profession brauchen. Wir drehen uns derzeit permanent um dieselben Themen wie Nachwuchs, Schwarzgeld, Fachkräfte- und Azubimangel. Aber was bringt uns dieses Wissen, wenn wir die Themen immer und immer wieder durch den Wolf drehen? Davon werden sie nicht leckerer.

Positive Signale setzen

Ich persönlich bin der Diskussion darüber überdrüssig, ob große oder kleine Salons überlebensfähiger sind. Ein Solounternehmer liebt die Arbeit mit  Haaren, der andere managet lieber. Der Solos Sorgen sind nicht meine und umgekehrt. Meine Vorstellung eines Betriebs sind nicht die eines anderen, der Friseurmarkt ist nun mal heterogen. Es geht nicht darum, welche Unternehmensgröße die richtige ist, sondern welches Signal die Branche nach außen sendet.

Jetzt ist es tatsächlich Zeit zu beweisen, wie gut wir im senden positiver Signale sind.

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6 Kommentare
Anke Spiekermann-Schreiber says 4. Mai 2022

Kurz auf den Punkt gebracht. Reflektiert, klar formuliert und neutral.

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    petergress says 5. Mai 2022

    Liebe Anke, danke. Ich habe kommenden Montag das erste Gespräch mit Xeem, um zu prüfen, ob studentische Berater an einer Challenge für’s Friseurhandwerk interessiert sind.

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Ralph Hoffmann says 5. Mai 2022

Wunderbar auf den Punkt gebracht lieber Peter. Danke.

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    petergress says 5. Mai 2022

    Lieber Ralph, ich bin nicht sicher, ob ich mich auf das Thema einlassen soll. Das könnte entweder krachend scheitern, oder viel Arbeit mit sich bringen.

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Stefanie Kritsch says 5. Mai 2022

Meinen Respekt lieber Peter. Und auf den Punkt gebracht. Kann ich so Unterschreiben.

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    petergress says 10. Mai 2022

    Danke Dir, Steffi.

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