011 - Eigenblick - Peter Gress
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011 – Eigenblick

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Heute geht es darum, sich selber in die Augen zu blicken und sich klar zu werden, warum  man handelt, wie man handelt. Der Lockdown bietet dazu Gelegenheit en masse.

Frühe Helden

Als Steppke war John Wayne mein Held. Er hatte einen tollen Revolvergurt, den man am Oberschenkel festbinden konnte. Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass der John Wayne aus dem Film und meine Realität nichts miteinander zu tun hatten. Niemand liess sich von mir einen  Kinnhaken verpassen und Frauen brauchte ich nicht zu retten, ich hätte auch gar nicht gewusst, wozu das hätte gut sein sollen, es war eh keine da.


Einige Jahre später war Ian Anderson von Jethro Tull mein Held. Er sah etwas verkommen aus mit seinem langen Mantel und die Jungs um ihn herum entsprachen vom Kleidungsstil und Habitus in etwa meinem Anspruch als Esslinger Nachwuchs-Outlaw.

Fachliche Helden

Fachliche Helden gab es genug in den Anfangszeiten meiner Friseurkarriere. Vidal Sassoon, Rita Rusk, Trevor Sorbie und viele mehr haben mich beeinflusst, so wollte ich sein.

Leo Passage, Präsident von Pivot Point, hatte mich unter seine Fittiche genommen und ich konnte mich als Bühnenakteur und im Fotostudio austoben. Im Laufe dieser Entwicklung erkannte ich, dass meine Fähigkeiten nicht zum ganz großen Star reichten. Ich blieb irgendwo zwischendrin stecken, mit fehlte einfach die Portion Fantasie.

Als Haarschneider wurde ich ganz gut, aber eben auch nicht so gut, wie ich mir das gewünscht hatte. Zum Fotostudio als Ort der Schöpfung habe ich eine starke Faszination empfunden. Eine Idee bis zum fertigen Produkt zu entwickeln funktionierte im Studio komprimierter als im realen Leben. De facto aber ist der Ablauf derselbe.

Heutige Vorbilder

Heute habe ich keine Helden mehr, aber viele Vorbilder aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Late-Night Talker Harald Schmitt gehört wegen seiner Rhetorik und seines Witzes dazu, der Segler Boris Herrmann wegen seiner unaufgeregten Persönlichkeit, seiner Zielstrebigkeit und seiner Motivation; der Motorradrennfahrer Valentino Rossi wegen seines jahrzehntelangen Konstanz; der Hotelier Bodo Jansen wegen seines Muts zur radikalen Veränderung seiner Führung und mein großes Unternehmervorbild Reinhold Würth wegen seinen unfasslichen Konsequenz und der Fähigkeit, ein Leben lang einer Vision zu folgen.

Faszination kooperative Führung

Ich bin fasziniert von kooperativer Führung, von Strategie und von unternehmerischem Mut, und vom schaffen eines real greifbaren und bleibenden Werts.

Einer meiner Freunde ist neben der Fürstin Geschäftsführer des Fürstenberg-Forums. Er hat mich eines Tages zu einer Veranstaltung im Donaueschinger Schloß eingeladen, weil dort Christoph Keese einen Vortrag gehalten hat.

Keese ist von Haus aus Journalist, er war Executive Vice President der Axel Springer SE, und ist heute Geschäftsführer bei der Axel Springer hy GmbH. Seine Bücher Silikon Valley – Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt und Silikon GermanyWie wir die digitale Transformation schaffen sind auf der Liste meiner All-Time Favourites.

Als ich Einlass aufs Schloßgelände suchte, habe ich den Fürsten auf seinem Cabrio-Golfwägelchen mit dem Gärtner verwechselt und mich danach am Portal ziemlich stark von den dunklen Luxusimousinen beeindrucken lassen. Mir ist Gottseidank eine gewisse Unbekümmertheit zu eigen, die mir hilft, mich in fremder Umgebung gut zurecht zu finden.

Die Begrüßung der Fürstin habe ich ohne Kratzfuß und Fauxpas hinter mich gebracht. Keeses Vortrag war kurz, knackig und sehr interessant. Sein Thema an diesem Abend war die aufkommende Macht der Fintechs, die zu dieser Zeit grade im Pulk am Start waren, um das angestammte Geschäft der Banken durcheinander zu wirbeln.

Disruption als Programm

Disruption war das am meisten gebrauchte Wort an diesem Abend.Beim Essen saß ich zwischen Investoren, Unternehmern, Beratern, CEOs, Bankern und Wissenschaftlern und habe den Gesprächen zugehört.

Ein älterer Herr, weißhaarig, distinguiert, leger angezogen und mit einer Aura des Souverän umgeben, fragte mich nach meiner Profession. Ich erzählte ihm von unserem Friseurbetrieb mit 15 Mitarbeitern, worauf er mich einige Minuten in ein Gespräch verwickelte, welche Herausforderungen ein Handwerksbetrieb in dieser Größe am Markt heute habe.

Der Mann war Seniorchef eines großen Automobilzulieferes mit einigen Tausend Mitarbeitern, es war sehr inspirierend, ein Gespräch mit einem solchen Unternehmer zu führen. Ein dauerhaftes Forum zum Austausch mit Unternehmern aus einem solchen Umfeld wäre sicher auch für Handwerker eine große Bereicherung.

Mehr Techniker als Kreativer

Im Laufe meiner bisherigen 47 Jahre Berufserfahrung, davon 36 Jahre selbstständiger Unternehmer, habe ich mich immer wieder gehäutet. Ich habe erkannt, dass ich immer mehr Techniker und weniger Kreativer war.

Ich bin von Strategie fasziniert, und ich bin fasziniert davon, Sparten und Menschen über alle Grenzen hinweg zu verbinden. Ich habe darüber hinaus erkannt, dass ich zwar  Gespräche und Menschen mag, aber ich müsste nicht mehr Haare schneiden.

Doch ich werde derzeit nicht nur von dieser Entscheidung getrieben, sondern auch von wirtschaftlichen Notwendigkeiten nach Monaten des Umsatz- und Gewinnverlustes und vom fortschreitenden Alter. Für mich werden die nächsten Monate deshalb ein heikler Ritt.

In der kooperativen Führung konnte ich in der Selbstständigkeit vieles umsetzen, was ich selber als Angestellter nicht mochte. Aber ich bin definitiv besser in der zweiten Reihe aufgehoben. Ich brauche Menschen wie meine Frau und einige meiner Mitarbeiter, die meine weniger stark entwickelte soziale Kompetenz mit ihrer Empathie ausgleichen.

Ich mag es gerne, Einzelgänger mit sozialem Anschuss zu sein und meine Projekte in Ruhe und in einem gewissen Flow zu durchdenken und zu entwickeln. Ich bin deshalb ein konsequenter Nein-Sager. Ich brauche meine Zeit zum Lesen, recherchieren, texten, planen und zum umsetzen.

Es ist ein stetiges Hin und Her zwischen sozialem Kontakt und Zurückgezogenheit und genau so mag ich das. Einschränkend muss ich gestehen, dass ich mir manchmal selber etwas zu anstrengend bin. Deshalb freue ich mich umso mehr darüber, dass jemand zuhause ist, wenn ich in mich gehe. Wenn da mal keiner mehr die Tür öffnet, wird’s happig.

Rückblick Ausbildung

Meine Ausbildungszeit war die Zeit des dauernden Ja-sagen müssen’s. Trag die Farbe auf. Wasch die Haare. Fön die Kundin, bzw. deren Haare. Ich habe es gehasst, permanent angewiesen zu werden, etwas zu tun, was ich nicht tun wollte und das mir keinen Spaß gemacht hat. Ich wollte Haarschnitte machen wie Mia Farrows Haarschnitt in Rosemaries Baby, aber nicht Frau Schmitt die Haarfarbe abwaschen.

Nervtötend dabei fand ich Kunden, die dauernd ihren Kopf aus dem Waschbecken gehoben haben, damit das Wasser ungehemmt in den Kragen strömen konnte. Das ist speziell beim abwaschen von Haarfarbe ziemlich ergiebig. Ich habe so ziemlich viele Damen nass gemacht, aber eben nicht auf die Art, die mir Spaß gemacht hat.

Ich mag das Friseurbusiness und ich mag die Menschen die hier arbeiten, aber mein Glück hängt nicht am Haare schneiden. So, jetzt ist das auch mal raus!

Schwarmwissen

Ein Mensch erarbeitet ab der Geburt alle Kenntnisse wieder aufs Neue. Was er im Lauf seines Lebens gelernt hat, geht zum Großteil durch den Tod verloren. Schade drum, denn jede Erfahrung in jedem Bereich und jedem Leben würde die Menschheit insgesamt nach vorne bringen und schlauer machen. Selbst der Kleinste könnte etwas dazu zu geben.

Frank Schätzings Buch „Der Schwarm“, handelt genau davon. Der Schwarm ist eine maritime Lebensform und ein Verbund von Einzellern. Jede Zelle gibt ihre Informationen durchn Zellteilung  an das große Ganze weiter. Die Erfahrungen werden addiert und gespeichert und stehen dem Schwarm als strategische Aktionsanleitung zur Verfügung.

So ähnlich schwebt es auch Ray Kurzweil vor. Kurzweil gilt als einer der bekanntesten Vordenker des Transhumanismus. Er prognostiziert für das Jahr 2045 eine exponentielle Zunahme der informationstechnologischen Entwicklung, und daraus folgend eine Singularität, die eine künstliche Intelligenz ermöglicht, mit welcher die MenschheitUnsterblichkeit erlangen kann.

Impfgipfel und die Sachlage

Szenenwechsel: Am Montag, 1.2.2021 gab es ja den Impfgipfel. Die Sachlage wurde besprochen, die Ergebnisse sachlich richtig mitgeteilt, die Erwartungen an ein schnelles Ende der Pandemie wieder mal gedämpft.

Was das für die Bürger, die Unternehmer und die finanzielle Basis der Bundesrepublik bedeutet – darüber fiel kein Wort. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Politiker in Berlin oder die an der Spitze der Landesregierungen wirklich wissen, was es bedeutet, in einer derart hoffnungslosen Situation als Mensch mit teils heftigen Existenzängsten die Nerven, den Lebenswillen und seine Lebensfreude zu bewahren.

Hierzu möchte ich euch gerne einen Auszug der sehr aufschlussreichen und sehr gut recherchierten Informationen der Journalistin, TV-Moderatorin und Autorin Marlene Lufen mitgeben. Den Link zu ihrem Instagram-Account habe ich euch in die Shownotes geschrieben: Als Folge des 1. Lockdowns…

  • …gab es 23% mehr Fälle von Gewalt an Kindern in der Gewaltambulanz der Charité im ersten Halbjahr 2020.
  • …erleben 600.000 Kinder oder 6,5% aller Kinder in Deutschland  zu Hause Schläge, Stöße und Schlimmeres.
  • …haben 461.000 Kinder im Jahr 2020 die „Nummer gegen Kummer“ gewählt, ein Plus von 31% oder 10.428 Kinder mehr zum Vorjahr
  • …verzeichnet die „Jugend-Notmail“ und die „Online-Jugend- und Elternberatung“  Steigerungen seit März 2020 um zeitweise 50 %.

Marlene Lufen

Schaut euch das Video dazu auf Marlene Lufens Instagram-Account an, und lest in ihrem Text die vollständige Aufstellung ihrer Recherchen und die zugehörigen Quellen.

Darin führt sie deutlich aus, dass es mehr zur Volksgesundheit zu beachten gibt als den auch nur sehr lückenhaft vorhandenen Schutz der Alten. Was Marlene Lufen hier beschreibt, ist exakt das, was ich in unserem Bereich  ankreide: Niemand in der Politik interessiert sich ernsthaft für die Auswirkungen des Lockdowns außerhalb der großen politischen Linie.

Sie hören es wohl, aber es wird als leider, leider notwendiger Kollateralschaden gesehen. Damit beschäftigen wir uns, wenn die Pandemie vorbei ist. Diese Einstellung ist sehr unklug, denn die Auswirkungen des Lockdowns werden wir über viele Jahre hinweg politisch, gesellschaftlich und finanziell zu spüren bekommen.

Es sind nur noch ein paar Monate bis zur Wahl 2021, aber diese kurze Zeit könnte reichen, um CDU und SPD einen herben Denkzettel mitzugeben.
Ich weiß natürlich, dass alle Ausführungen wie diese hier, die Situation so gut wie nicht grundlegend verändern werden. Wir Menschen sind halt so.

Menschen sind halt so…

Stimmt, so sind wir. Deshalb: Entwickelt euch, damit niemand sagt: Du hast Dich ja gar nicht verändert.

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4 Kommentare
Marga Abromeit says 7. Februar 2021

Lieber Peter,
Du gehörst zu den wenigen Menschen, die mit Ihrem Bewusstsein einen sehr guten Vertrag haben. Obwohl man dafür auch Lehrgeld bezahlt, ist der Weg nachhaltiger. Du bist mehr Du.
Auf jeden Fall weckst Du mit Deinem Podcast noch schlummernde Talente.
Und, schwere Wege sind die eigentlichen Wege, und warum sollen mich alle Menschen wegen meiner Meinung lieben?

Bleibe Deinen Gedanken auf der Spur, ich höre sie gern.

Einen guten, gesunden Start in die neue Woche.
Liebe Grüsse
Marga

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    petergress says 7. Februar 2021

    Ich bleibe dran, liebe Marga. Ich wünsche Dir eine tolle Woche

    Liebe Grüße
    Peter

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Cornelia says 7. Februar 2021

Super zu hören Lieber Peter alles was ich in den letzen Monaten von dir gehört habe – hat klar gespiegelt, das du Interesse am ausarbeiten eines Podcast hast wie diesen und vielen mehr. Bedeutet viel sprechen und die Stimme perfektionieren. Es ist überhaupt keine Überraschung – das dein Interesse nicht ist – mit Haare schneiden, ins Alter zu gehen. Auf deinem selbst gewählten Weg, wünsche ich dir Freude. Warst du schon einmal bei einer Logopädin? Schneeverwehte Grüße aus Sassenburg ❄️⛄️

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    petergress says 7. Februar 2021

    Liebe Cornelia, ich hatte nach einer Stimmbandoperation große Schwierigkeiten, wieder eine Stimme zu finden. Die habe ich jetzt zwar, aber es st nicht mehr meine Originalstimme. Logopädie hat nichts gebracht. Stimmtraining mit einer Sängerin war gut für die Bühne, aber an der Sprechtechnik für den Podcast arbeite ich noch. Das liegt an meiner Atemtechnik, aber die kriege ich auch noch in den Griff. Das wird noch eine Schmusestimme Bleib optimistisch und vielen Dank für Dein Feedback. VG Pter

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